TUG plus

Ein ICF-basierter Mobilitätstest für junge Alte

Ausgangslage und Problemstellung

Die International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stellt ein umfassendes System zur Bescheibung von Gesundheit dar. Der Mobilität kommt hierbei als Funktionalitätskriterium gerade für die Bewegungstherapie eine besondere Bedeutung zu. Die wichtigsten Mobilitätskategorien sind:

  • eine elementare Körperposition wechseln (d410)
  • Gegenstände anheben und tragen (d430)
  • Gegenstände mit den unteren Extremitäten bewegen (d435)
  • Gehen (d450)
  • Sich auf andere Weise fortbewegen (d455)

Insbesondere bei Hochaltrigen und Menschen mit Behinderungen hat sich der Timed Up and Go Test (TUG) zur Erfassung von Mobilitätsstörungen bewährt. Er gilt in der Geriatrie als Methode der Wahl.

Beschreibung des TUG plus: Die Testperson sitzt zunächst auf einem Stuhl und berührt mit dem Rücken die Rückenlehne. Auf Kommando steht die Person auf. Die Zeitmessung startet, sobald der Rücken des Probanden die Rückenlehne verlässt. Die Person wendet am 3 Meter entfernten Hütchen und geht schnellstmöglich wieder zum Stuhl zurück. Die Zeit wird gestoppt, wenn die Person mit dem Rücken die Rückenlehne berührt.
Es zeigte sich, dass der TUG aufgrund einer zu geringen Schwierigkeit für die meisten Menschen jenseits des 50. Lebensjahres ungeeignert ist. Deshalb haben wir einen TUG für junge Alte entwickelt. Der Test heißt TUG plus.

Beschreibung des TUG plus

Der TUG plus ist ein Parcours, bestehend aus 10 Testaufgaben. Diese Testaufgaben orientieren sich an alltagsrelevanten Tätigkeiten und lassen Aussagen über die Mobilität eines Menschen im Sinne der ICF zu.

  • Die Testperson steht von einer Turnbank auf (1)
  • geht 3 m bis zu einem Hindernis
  • überwindet dieses 75 cm hohe Hindernis (2)
  • geht 3 Meter weiter
  • und stößt mit dem Fuß einen Turnkasten um (3)
  • danach setzt sie sich auf den Boden
  • und steht wieder auf (4).
  • Die Testperson trägt dann einen Turnkasten (Gewicht 18 kg) über eine Wegstrecke von ca. sechs Metern bis zur Ausgangsposition an der Turnbank (Station 5). Alternativ können auch drei Sixpacks Wasser (Gewicht jewils ca. sechs kg) nacheinander transportiert werden.
  • Zum Abschluss setzt sich die Testperson wieder auf die Bank (Station 6).

Abbildung des TUG plus

Gemessen wird die Gesamtzeit für den Hindernisparcours. Bei Sportstudenten liegen die Zeiten zwischen 8 und 10 Sekunden. Bei älteren multimorbiden Patienten sind Zeiten von bis zu 60 Sekunden zu beobachten.

Ergänzend zur Zeitnahme können auch für die einzelnen Stationen Punkte vergeben werden: 2 Punkte bei problemloser Bewältigung der jeweiligen Aufgabe, 1 Punkt bei leichten Problemen und 0 Punkte, wenn die Aufgabe nicht gelöst werden konnte. Bei insgesamt zehn Aufgaben ergeben sich maximal bis zu 20 Punkte für den TUG 50+.

Das folgende Demonstrationsvideo zeigt einen 61-jährigen Mann 13 Monate nach einer Hüft-TEP: TUG50+.mp4

Bewertung des Tests

Der TUG plus erlaubt Aussagen zu den Mobilitätskategorien "d410 Eine elementare Körperposition wechseln", "d430 Gegenstände anheben und tragen", "d435 Gegenstände mit den unteren Extremitäten bewegen", "d450 Gehen" und "d455 Sich auf andere Weise fortbewegen".

Publikationen

Christian Kaczmarek (2018). Entwicklung und Evaluation eines motorischen Screenings zur Beurteilung der Mobilität. Dissertation. Universität des Saarlandes, Saarbrücken. http://dx.doi.org/10.22028/D291-27648


Wydra, G., & Kaczmarek, C. (2017). Von der Fähigkeits- zur Mobilitätsorientierung in Gesundheits- und Rehasport. In H. Wäsche, G. Sudeck, R. S. Kähler, L. Vogt, & A. Woll (Hrsg.), Bewegung, Raum und Gesundheit (S. 111 - 119). Hamburg: Feldhaus.


Kaczmarek, C., Schwarz, M., & Wydra, G. (2017). Reliabilität, Vailidität und diagnostische Güte eines neuen Mobilitätsscreenings. In H. Wäsche, G. Sudeck, R. S. Kähler, L. Vogt, & A. Woll (Hrsg.), Bewegung, Raum und Gesundheit (S. 143 - 152). Hamburg: Feldhaus.


Kaczmarek, C., Schwarz, M., & Wydra, G. (2017). TUG 50+ - Ein neues Screening für die Bewegungstherapie. In A. Schwirtz, F. Mess, Y. Demetriou & V. Senner (Hrsg.), Innovation & Technologie im Sport (S. 274). Hamburg: Czwalina. Download des Beitrages


Kaczmarek, C., Schwarz, M., & Wydra, G. (2017). Teststatistische Überprüfung eines neuen ICF orientierten, modifizierten Timed Up and Go Tests. In Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.), 26. Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium. Deutscher Kongress für Rehabilitationsforschung. Prävention und Rehabilitation in Zeiten der Globalisierung (S. 71 - 72). Frankfurt: DRV-Schriften. Download des Beitrages


Kaczmarek, C., Schwarz, M. & Wydra, G. (2016). Mobilitätskonzept in Sporttherapie und -wissenschaft. Sportwissenschaft, 45, (DOI: 10.1007/s12662-016-0424-1)


Wydra, G., & Kaczmarek, C. (2016). Von der Fähigkeits- zur Mobilitätsorientierung in Gesundheits- und Rehasport. Vortrag gehalten anlässlich der dvs-Jahrestagung Bewegung, Raum und Gesundheit vom 22. bis 23. September 2016 in Karlsruhe. Abstract


Wydra, G., & Kaczmarek, C. (2016). Screeningtests in Gesundheits- und Rehasport - Durchführung einer Diagnosestudie am Beispiel des TUG 50+. Poster vorgestellt anlässlich der dvs-Jahrestagung Bewegung, Raum und Gesundheit vom 22. bis 23. September 2016 in Karlsruhe. Poster Screeningtests 2016.pdf


Kaczmarek, C., Schwarz, M., Backes A., & Wydra, G. (2016). Testgüte und Diagnostische Güte eines neuen Mobilitätsscreenings. Vortrag gehalten anlässlich der dvs-Jahrestagung Bewegung, Raum und Gesundheit vom 22. bis 23. September 2016 in Karlsruhe. Abstract


Kaczmarek, C., Fröhlich, M., Schwarz, M. & Wydra, G. (2015). Bewertungsmaßstab eines ICF orientierten Mobilitätstests. In T. Könecke, H. Preuß & W. I. Schöllhorn (Hrsg.), Moving Minds - Crossing Boundaries in Sport Science. 22. Sportwissenschaftlicher Hochschultag (Band 251) (S. 352). Hamburg: Czwalina.
Poster ; Abstract


Kaczmarek, C., Leibrock, D., Wagner, N., Schwarz, M. & Wydra, G. (2015). Erfassung der Ausdauerleistungsfähigkeit bei Kindergartenkindern. In T. Könecke, H. Preuß & W. I. Schöllhorn (Hrsg.), Moving Minds - Crossing Boundaries in Sport Science. 22. Sportwissenschaftlicher Hochschultag (Band 251) (S. 356). Hamburg: Czwalina.
Poster ; Abstract